Klimaziele im Güterverkehr nur durch Ökologisierung auf der Straße erreichbar

Eine aktuelle Langfrist-Verkehrsprognose des deutschen Bundesministeriums für Verkehr bestätigt die Ergebnisse einer bereits 2021 für Österreich veröffentlichten Studie von Univ. Prof. Sebastian Kummer, WU Wien: Der Güterverkehr wird auch weiterhin wachsen und die Straße muss auch in Zukunft den weitaus größten Teil der Transportmengen stemmen. Trotz dieser Faktenlage setzt das Verkehrsministerium keine relevanten Aktivitäten zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehr und verschleppt seit Jahren angekündigte Maßnahmen.

„Die Klimaziele unserer Regierung und die Wirklichkeit im Güterverkehr liegen weiter auseinander denn je.“ bedauert Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik und warnt vor den Folgen: „Wir haben mehrfach betont, dass wir, wenn wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse ernst nehmen, einen klimapolitischen Fokus auf die Ökologisierung des Straßengüterverkehrs legen müssen. Das beinhaltet zwangsläufig die sofortige technologieoffene Förderung alternativer Antriebe und die Modernisierung gesetzlicher Rahmenbedingungen bei Aerodynamik und Fahrzeugmaßen.“ Trotz dieser Faktenlage setzt das Verkehrsministerium keine nennenswerten Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehr und verschleppt seit Jahren angekündigte Maßnahmen, wie etwa das Förderprogramm ENIN*“ (*Förderprogramm Emissionsfreie Nutzfahrzeuge und Infrastruktur).

Prognose: Mehr Straße, weniger Schiene und Schifffahrt

Die vor wenigen Tagen publizierte und vom deutschen Verkehrsministerium beauftragte Studie zur „Langzeitverkehrsprognose“ zeigt einen Anstieg der Güterverkehrsleistung von den Basiswerten 2019 bis 2051 um 46 % (1,2 % p. a.). Beim Straßengüterverkehr betrage der Zuwachs 54 %. Im Modal Split bedeute das 4 % mehr Straßengüterverkehr, während Schiene und Binnenschifffahrt je 2 Prozentpunkte verlieren. Die von Univ. Prof. Sebastian Kummer 2021 präsentierte Studie hatte für Österreich bereits plus 49 % Straßengütertransport-Volumen bis 2040 vorausgesagt. Kummer: „49 % mehr Güterverkehr im Jahr 2040 bedeuten jährlich 20 Millionen Tonnen mehr CO2-Emissionen. Laut Österreichs Klimazielen müssten die Emissionen im Güterverkehr 2040 aber bei null liegen.“

Politik negiert Faktenlage und verschärft die Situation durch Untätigkeit

Das für Klimaschutz und Mobilität zuständige Ministerium unter Bundesministerin Leonore Gewessler negiert allerdings konsequent wissenschaftlich erhobene Fakten und verschärft durch Untätigkeit bei der Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs die Situation. Während die von Kummer prognostizierte Erholung im Straßengüterverkehr bereits eingesetzt und der LKW-Verkehr das Vor-Corona-Niveau überschritten hat, erwartet das Ministerium offenbar noch immer einen Rückgang des LKW-Verkehrs und einen Anstieg der Gütertransporte auf der Schiene. Kummer: „Der Verkehrssektor kann nur durch eine faktenbasierte Strategie und einen konkreten Umsetzungsplan de-karbonisiert werden. In Österreich und Deutschland liegt das größte Potenzial mit 60-80% der Transportmengen ohne Zweifel im Straßengüterverkehr. Relevante Verlagerungen im Zeitraum der geplanten Dekarbonisierung bis 2040 sind primär wegen fehlender Kapazitäten und den sehr langen Ausbauzeiten unrealistisch. Hinzu kommt, dass für kurze Strecken und viele zeitsensitive Güter der Transport auf der Schiene nicht zweckmäßig ist.“

Vorbild Deutschland plant Konsequenzen bei E-Fuels – Österreichs Regierung muss hier dringend eine Linie finden

In Deutschland fordert Verkehrsminister Volker Wissing bereits zu Recht, dass der Fokus der Dekarbonisierung auf die Straße gelegt werden muss. Auch einem EU-weiten Aus für Verbrenner-Motoren ab 2035 werde man nur dann zustimmen, wenn im Gegenzug CO2-sparende synthetische Kraftstoffe / E-Fuels genehmigt und gefördert werden. Auch Wasserstoff-Antriebe, die großes Potenzial im Schwerverkehr haben, werden in Deutschland wesentlich positiver bewertet und erfahren durch eine intelligente Wasserstoffstrategie vielversprechende Rahmenbedingungen. In seiner kürzlich gehaltenen „Rede zur Zukunft der Nation“, machte auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer klar, dass er sich gegen ein Aus für Verbrenner-Motoren in der EU ausspricht. Das Verkehrsministerium unter der Führung von Leonore Gewessler bleibt aber weiterhin starr bei einem Aus für Verbrenner-Motoren und einer wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Ablehnung von E-Fuels. Der Zentralverband fordert hier dringend eine verlässlich abgestimmte, faktenbasierte Regierungsentscheidung. Alexander Friesz: „Wie soll unsere Branche Investitionen zur Dekarbonisierung in Milliardenhöhe planen, wenn sich unsere Bundesregierung nicht einmal in Grundsatzfragen einig ist?“

Österreich wartet – worauf?

Auch wird in Österreich das ENIN-Förderprogramm zur beschleunigten Umstellung und Angebotserweiterung auf emissionsfreie Nutzfahrzeuge seit zwei Jahren verhindert und verschoben – zu Lasten der Umwelt. Vielmehr ist zu befürchten, dass der ebenfalls seit langem angekündigte Masterplan Güterverkehr des Verkehrsministeriums unrealistische Zwangsverlagerungen von der Straße auf die Schiene verordnet. Als Blaupause gilt das kürzlich in Kraft getretene Abfallwirtschaftsgesetzt, das Unternehmen auch bei kurzen Strecken eine Verlagerung auf die Schiene verordnet, wodurch zum Schaden der Wirtschaft massiv in den freien Markt eingegriffen wird. (mehr dazu)

Laut Alexander Friesz gefährden Österreichs politische Untätigkeit und falsche Zielsetzungen mittelfristig den Güterverkehr und damit die Versorgungssicherheit. Der schleppende Ausbau Erneuerbarer Energieträger wie Solar- und Windkraft) sowie ein selbstverschuldeter, vorprogrammierter Mangel an emissionsarmen und -freien Antriebstechnologien (E-Fuels, Wasserstoff, Batterie) im Straßengüterverkehr und fehlende Kapazitäten auf der Schiene bedrohten in einer exportorientierten Wirtschaft auch massiv den Wohlstand. Friesz: „Insbesondere im Transitland Österreich sind Insellösungen nicht zielführend. Statt dogmatisch-ideologischer Zugänge sollten wir eine echte Dekarbonisierung verfolgen, uns an Ländern wie Deutschland orientieren und gemeinsame Wege beschreiten.“ Friesz nennt in diesem Zusammenhang auch den bereits von der WKO kritisierten Ausschluss der Transportwirtschaft von Öko-Investitionsfreibeträgen. Jüngere LKW-Modelle weisen beachtliche Verbrauchs- und CO2-Ersparnisse auf, ihr Ausschluss verhindere lediglich Investitionen in den Klimaschutz.

Rückfragen & Kontakt:
Zentralverband Spedition & Logistik
+43 (0)1 512 35 38
zv@spediteure-logistik.at

Quelle: APA / OTS

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